SCHWEDISCHE WILDNIS
Sommerfahrt auf dem Klaräven und in Dalsland

Es sollte eigentlich eine Fahrt auf dem oberen Rhein werden. Doch die in der Beschreibung genannten vielen Umtragestellen ließen keine rechte Urlaubsvorfreude aufkommen und so entschlossen wir uns nach Schweden zu fahren.

Wir ließen uns gutes Wetter wünschen, viel schlechter als in den letzten Tagen in Itzehoe konnte es ja wohl kaum werden.

Mit der Schnellfähre "Stena Charisma" in 2 Stunden von Fredikshavn nach Göteborg und dann in Richtung Karlstad, wo der Klarälven in den Vänern mündet. Wir folgten dem Fluss aufwärts, bis wir kurz vor der norwegischen Grenze unseren Einsatzort Sysslebäck er­reich­ten. Nach gut 20 Stunden Fahrt hatten wir keine große Lust, die Boote zu packen. Mit Blick auf den mit zügiger Strömung vorbeifließenden Klarälven bauten wir auf dem Cam­ping­platz unsere Zelte auf. Nachmittags wanderten wir am Ufer des Flusses entlang, warfen Steine hinein, beobachteten, wie ausgewachsene Männer in Gummihosen und einer Angel in der Hand im Fluss herumwateten. Den tieferen Sinn dieser Angelmethode verstanden wir erst einen Tag später. Kurz - der Nachmittag diente der Erholung. Auf einer Karte aus dem Shop des Campingplatzes machten wir uns mit dem Zeigefinger schon ein­mal auf die große Fahrt den Klarälven hinunter bis zu unserem Zielort Gunnerud kurz vor Edebäck.

Mit einem Mal rief Maike: "Da! Ein Elch!" und deutete auf das andere Ufer.

Pause auf dem Klarälven

Still stand einer der Könige des Waldes mitten auf einer großen freien Fläche. Unbeweglich wie ein Fels. Es war aber doch nur ein Fels, der wie ein Elch aussah, der unbeweglich wie ein Fels auf einer Lichtung stand.

Am späten Nachmittag versammelten sich einige Campingplatzbewohner an den Feu­er­stel­len am Fluss und beobachteten die Lichtungen im Wald am gegenüberliegenden Ufer. El­che! Immer um diese Zeit treten sie majestätisch aus dem Wald heraus. Nur heute nicht... Manche stehen so still, man könnte sie für große Steine halten! Sebastian freute sich über eine defekte Telefonzelle, in der mit wenig Geld lange Auslandsgespräche mit der Freundin geführt werden konnten.

Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen - wie sollte das bloß alles in die Boote pas­sen? Es ging. Mit oder ohne Deckslast. Wir füllten unsere Kanister mit Trinkwasser und scho­ben kurz darauf die schwer beladenen Boote in das Wasser.

Mit guter Strömung ging die Fahrt flott voran. Nachdem wir die Kirche in Dalby hinter uns gelassen hatten, fand sich kurz darauf eine geeignete Stelle, um am Ufer die Zelte auf­zu­stel­len. Das schwedische Jedermannsrecht (Allemansrätt) erlaubt jedem, sich frei in der Natur zu bewegen und sein Zelt zur Übernachtung aufzuschlagen. Diese Freiheit darf allerdings nicht missbraucht werden, vielmehr gilt die einfache Regel: Nicht stören, nicht zerstören.

Kaum standen die Zelte, fielen die Mücken über uns her. Vor allem meine Fußgelenke hatten es den Blutsaugern schwer angetan. Unzählige Stiche ließen die Füße dick an­schwel­len. Wie herrlich muss es sein, mit Gummihosen bis zum Bauch im Fluss zu stehen. Zum Zeitvertreib könnte man ja eine Angel mitnehmen! Neben den Mücken störte bloß die nahegelegene Erdölraffinerie, deren Geruch zu uns drang. Ach nein, es war nur Jörgs Ben­zin­ko­cher, der beim Anzünden in der Vorwärmphase 30 cm hohe Flammen mit schwar­zen Rauchschwaden unvollständig verbrannten Benzins benötigt, bevor er zum Kochen bereitsteht: "Aber dann hat er voll Power!" Dabei verwendete Jörg bereits Wasch­ben­zin der Geschmacksrichtung "mild", "extra strong" war leider nicht zu bekommen.

Daniel und Sebastian überquerten zu einer Bibersafari den Fluss mit ihren Booten und mach­ten sich so ganz nebenbei auf die Suche nach einer Telefonzelle. Am Abend regnete es ein wenig. Trotzdem gelang uns mit einigermaßen trockenem Holz auf dem Ufersand mit nur einem Streichholz ein fast rauchloses Feuer. In seinem Schein klang der erste Paddeltag aus.

Der kühle Morgen erinnerte Maike an Herbstfahrten früherer Jahre - Frühstück im Pullover. Aber immerhin war es trocken. Heute ging das Bootepacken schon schneller. Wir folgten den Flusswindungen entlang sandiger Steilufer. Auf einer Sandbank am Ufer machten wir Mittagsrast.

An der Mündung eines kleinen Flusses fanden wir einen möglichen Zeltplatz. Der Lagerplatz reichte für unsere Zelte gerade aus und die Straße in der Nähe machte Sebastian Hoffnung auf eine Telefonzelle. Wir blieben und suchten, nachdem die Zelte standen, nach Brennholz. Es gelang uns einige schöne Scheite trockenes Holz zu finden, das Lagerfeuer fiel aber aus, denn es begann zu regnen. Als der Regen ein wenig nachließ krochen wir unter dem Tarp hervor, streckten die Glieder und gingen zum Ufer, um einen prüfenden Blick auf den Him­mel zu werfen.

Da! Am anderen Ufer schwamm ein Biber! Wir beobachteten ihn, bis er irgendwo am anderen Ufer im Gestrüpp verschwand. Maike machte zusammen mit den Kindern die Boote zu einer Bibersafari klar und paddelte leise zu der Stelle, an der wir den Biber entdeckt hatten. Auf dem Rückweg zum Lagerplatz sprang ein Biber in nur etwa 2 m Entfernung vor Gerians Boot und schwamm ganz ruhig vor ihm her. Gerian versuchte mich auf den Biber aufmerksam zu machen. Als ich an das Ufer kam, schaute ich hinüber zum anderen Ufer und fragte: "Wo ist er denn?". Gerian antwortete ein wenig aufgeregt und fast flüsternd: "Na hier!" und zeigte auf das Wasser vor seinem Boot. Und da schwamm der Biber! Ganz dicht an unserem Zeltplatz vorbei!

Am Morgen waren die Zelte noch feucht. Sie trockneten in der leichten Brise nicht voll­stän­dig. Der Himmel kündigte Regen an und wir waren froh, die Boote ohne größeren Regenfall beladen zu können. Unser heutiges Ziel sollte einer der beiden Campingplätze in Stöllet sein.

Die Mittagspause legten wir wieder auf einer Sandbank ein. Einen am Ufer liegenden alten Baum zersägten wir in handliche Scheite - trockenes Holz für ein abendliches Lagerfeuer. Den ersten Campingplatz in Stöllet erkundete Sebastian. Da er keine Telefonzelle finden konnte mussten wir uns auf den Weg zum nächsten Campingplatz machen. Dort zogen wir unsere Boote ans Ufer. Da wir in Stöllet einen Ruhetag einlegen wollten, bauten wir zuerst die Tarps auf, bevor wir die Zelte aufstellten. Wir konnten noch das Notwendigste im Laden einer Tankstelle einkaufen, die Geschäfte im Ort hatten schon geschlossen. Zu Sebastians Freude stand vor der Tankstelle eine Telefonzelle.

Neben dem Campingplatz lag ein kleiner Angelsee. Angelausrüstung konnte man in der Tou­rist-In­for­ma­tion in direkten Nähe ausleihen - Gerian, Lars und ich hatten das Programm für den morgigen Ruhetag gefunden. Wir erkundigten uns außerdem nach einer Elchsafari, allerdings waren wir seit langer Zeit die ersten Touristen, die nach diesem Angebot fragten: "Es gibt hier so viele Elche, dass keiner mehr an einer Elchsafari teilnehmen möchte!" Na, dann sollte es an einem der kommenden Tage wohl gelingen, Elche in freier Wildbahn zu beobachten.

Wir spielten mit den Kindern noch eine Partie Minigolf, bevor wir in einer Feuerstelle in der Nähe des Flussufer mit unserem mitgebrachten Holz ein Feuer entfachten. Wir backten Stockbrot und genossen die Wärme unseres Feuers.

Nach dem Frühstück machten sich Jörg und Maike auf den Weg zur Hauptstraße. Sie wollten versuchen, zu den Autos nach Sysslebäck zu trampen und diese nach Stöllet zu holen. Ziel der Angler war der Angelsee. 70,00 SEK Tagesmiete für eine Angel, 20,00 SEK für eine An­gel­er­laub­nis, der Fisch - sofern uns das Anglerglück lacht - muss mit 56,00 SEK je Ki­lo­gramm Gewicht bezahlt werden. Nachdem die Formalitäten erledigt waren, stellten wir uns an das Ufer, wählten einer geeigneten Blinker aus und der Fischzug konnte beginnen. Nach einer Stunde fing ich eine Regenbogenforelle (750 g). Selbst Regenfälle - "Bei Regen beißen sie am besten!" - konnten unseren Jagdeifer nicht abkühlen. Lars nutzte die Pause während eines besonders heftigen Regenfalls, um an den Stamm einer großen Fichte gelehnt eine Zi­ga­ret­te zu rauchen. Nur ein kleiner Barsch biss an, den Lars aber wieder freiließ. Die großen Lorbasse wollten sich einfach nicht an Land ziehen lassen. Es blieb bei der Forelle, die wir zum Abendessen in unserem kleinen Räucherofen zubereiteten.

Am Abend spielten alle noch eine Runde Minigolf und kurz darauf verschwanden wir in den Schlafsäcken. Zum Glück weckte uns am nächsten Morgen warmer Sonnenschein und nach dem Frühstück wurden wieder die Boote gepackt. Dabei nutzten wir die Gelegenheit und schauten einigen Floßbauern zu, die unter fachkundiger Anleitung ihr Gefährt zu­sam­men­bau­ten, mit dem sie die nächsten Tage in geruhsamer Fahrt ihrem Ziel entgegentreiben wollten. Wir hatten schon einige Flöße überholt: Kunststoffkanister mit einer Bretterauflage. Hier wurden nun Flöße aus Baumstämmen zu­sam­men­ge­bun­den: drei Lagen übereinander. Jedes Floß in einer Größe von ca. 2,50 m x 2,50 m. Davon werden zwei zu­sam­men­ge­bun­den. Auf einem steht ein kleines Zelt, das andere erlaubt einen begrenzten Auslauf für die Floßfahrer. Einer der Helfer fragte uns, ob wir auch ein Floß bauen wollten. Ich sagte ihm, wir wären mit unseren eigenen Booten unterwegs und wollten nur ein wenig zusehen: " ...we have already seen these other rafts on the river!" Dabei zeigte ich auf ein Floß der Bauart Holzpalette auf Plastikkanister. Angewidert antwortete der Floßbauexperte: "That's not a raft! That's something else but not a raft!" Ich musste ihm recht geben. Die Flöße aus Holzstämmen sind einfach uriger!

Bei strahlendem Sonnenschein schoben wir die Boote in die Strömung. Die Mittagsrast legten wir an einem sandigen Ufer in einer Innenkurve ein. Wieder auf dem Wasser, zogen dunkle Wolken am Himmel auf und wir schafften es gerade noch, die Kinder und uns selbst wasserfest anzukleiden, bevor ein Wolkenbruch über uns niedergeht. Das Unwetter war nur von kurzer Dauer, aber es bleibt kühl. Die Zeltplatzsuche gestaltete sich schwieriger. "Zu windig!", "Das ist eine Heuwiese!", "Keine Telefonzelle!", "Der Platz ist nicht windig genug - zu viele Mücken!", ...

Schließlich entdeckten wir eine Uferstelle, an der das Schilf ein wenig niedergedrückt war, dahinter ein Weg die Uferböschung hinauf.

Lagerfeuer

Ein idyllischer Zeltplatz, gerade groß genug für unsere Zelte, mit Feuerstelle und reifen Walderdbeeren! Außerdem nur wenig Mücken! Und auch die Sonne kam wieder hinter den Wolken hervor. Wir hatten nicht gedacht, heute noch so einen schönen Zeltplatz zu finden.

Schnell bauten wir die Zelte auf, kurz darauf standen die Kochtöpfe auf den Kochern. Und in aller Heimlichkeit trainierten die Kochgruppen für de kommenden Wettbewerb um den "Gol­de­nen Koch­löf­fel". Jörg ließ uns wieder an der rituellen Vorwärmphase seines Benzinkochers teilhaben. Immer wieder ein reizvolles Schauspiel für Auge und Nase! Sebastian musste Abzüge in der B Note für den technischen Teil der Kochübung hin­neh­men, da er die Spaghetti - al dente wie sie sein sollten - in die Botanik kippte. Vielleicht hätte er nicht so laut fluchen sollen, dann hätte er Daniel die Tannennadeln als Rosmarin unterschieben können. Anschließend sammelten wir Holz und entfachten wieder ein Lagerfeuer. Am Abend fiel ein leichter Regen, der uns aber nicht vom Lagerfeuer ver­trei­ben konnte.

Morgens konnten wir die Zelte wieder einigermaßen trocken einpacken. Das Wetter meinte es gut mit uns. Die Mittagspause verbrachten wir in warmer Sommersonne - wie üblich - auf einer Sandbank.

Später begann es wieder zu regnen. Eigentlich wollten wir in Ekshärad nur kurz zum Ein­kaufen Rast machen. Angesichts des Wetters entschlossen wir uns, auf dem Cam­ping­platz zu bleiben. Diesmal mussten wir die Zelte im Regen aufbauen. Kurz darauf klarte das Wetter auf und wir überquerten die Brücke über den Fluss auf der Suche nach einem Supermarkt. Auf dem Weg statteten wir der Kirche einen Besuch ab, ein eindrucksvoller Bau, vollständig mit Holzschindel bekleidet. Auch der Friedhof war se­hens­wert. In der Region wurden von den Bauern eiserne Lebensbäume geschmiedet, die anstelle von Grabsteinen oder Kreuzen aufgestellt wurden. Noch heute wird diese Volkskunst von einigen Kunstschmieden am Leben gehalten. In der Kirche ließen wir uns von einem Tonband in deutschen Sprache durch die Geschichte der Kirche führen und besichtigten Tücher aus dem Mittelalter und das Kirchensilber. Bemerkenswert waren die "Kir­chen­stö­ße". Am Ende von 2 Meter langen Stangen waren hölzerne Kugel befestigt, die mit metallenen Spitzen besetzt waren. Damit wurden früher von den Messdienern die eingeschlafenen Gottesdienstbesucher geweckt. Eine gute Idee für die kommende Jahreshauptversammlung der Itzehoer Wasser-Wanderer!

Aus dem Supermarkt kamen wir vollgepackt wieder heraus und kehrten zum Zeltplatz zurück. Wir kochten unser Abendessen und freuten uns über die Wetterbesserung. Am klaren Abendhimmel ging über dem Klarälven der Vollmond auf, den ich von der Brücke aus fotografierte. Lars rieb sich mit dem im Ort erstandenen Wundermittel "Mygga" zur Mückenabwehr ein und tanzte elfengleich durch die Mückenschwärme, um uns davon zu überzeugen, dass das neue Mittel auch wirksam sei.

Am Morgen packten wir nach dem Frühstück und setzten unsere Flussreise fort, die heute in Gunnerud enden sollte.

Ein rotes Schild mit dem Schriftzug "STOP" zeigte den Floßfahrern das Ende ihrer geruhsamen Fahrt an. Auch wir landeten an. Wir erklommen das steile Ufer. Oben lag eine große Zeltwiese. Das Gelände gehört der Organisation "Vildmark i Värmland" und wir versuchten bei den Lagergebäuden auf dem Gelände jemanden zu finden, den wir fragen konnten, ob wir eine Nacht auf dem Gelände bleiben könnten. Die junge Frau erkannte Maike wieder: sie hatte Jörg und Maike beim Trampen im Auto nach Sysslebäck mitgenommen! Wir durften bleiben und so entluden wir die Boote. Maike und Petra machten sich auf den Weg per Anhalter Stöllet zu erreichen, um die Autos nachzuholen. Je nachdem wie lange sie brauchen würden, wollten wir entscheiden, ob wir schon heute nach Årjäng fahren sollten, um dort die Zelte aufzuschlagen. Also stapelten wir das Gepäck, um vor einem Regenschauer mit einem Tarp abdecken zu können. Um die Wartezeit zu verkürzen, halfen wir einigen Floßfahrern beim Anlegen, entzündeten ein Lagerfeuer und heizten schließlich die Kocher an, um das Abendessen zuzubereiten. Während des Abwaschs zogen dunkle Gewitterwolken am Himmel auf und es begann bedrohlich in der Ferne zu donnern. Zelte aufbauen? Wir überlegten noch, da kamen die Autos auf das Gelände gefahren. Maike und Petra hatten es in einer beachtlichen Zeit geschafft. Trotzdem entschieden wir uns, die Nacht in Gunnerud zu bleiben. Wir bauten die Zelte auf und verbrachten den Abend am Lagerfeuer. Das Gewitter blieb aus, dafür regnete es in der Nacht wie aus Eimern.

Am Morgen schien wieder die Sonne. Unser Glück mit dem Wetter hielt an. Beim Frühstück stützte Lars den Kopf in die Hände und murmelte nur etwas wie "...diese Idioten!" Er musste am Abend stundenlang die Gespräche einer Dreiergruppe mithören, deren einwöchige Floßfahrt im Streit geendet hatte. Einer der drei wollte nicht baden und da hatten die anderen ein wenig nachgeholfen. Ersterer musste die Nacht im Zelt verbringen, während die anderen in ihrem Auto übernachteten. Der Zeltschläfer war in der Nacht in seinem Zelt wohl im Regen abgesoffen. Seine beiden Kumpane fanden am Morgen nur noch das wassertriefende Zelt unter dem Auto. Ihr dritter Mann hatte sich offensichtlich in der Nacht auf die Heimreise gemacht. Beim Frühstück konnten wir nicht anders: wir lauschten den lautstark geäußerten Überlegungen der zwei übriggebliebenen Floßfahrer, was wohl mit ihrem Kumpel geschehen sein mag.

Diesmal packten wir unser Gepäck in die Autos, verluden die Boote aufs Autodach und befestigten noch schnell einen Elchschädel, der auf dem Gelände herumlag, am Kühlergrill des VW-Busses. Nachdem wir die Startschwierigkeiten des Opel durch Anschleppen beseitigt hatten, ging unsere Reise über Landstraßen in Richtung Årjäng, dem Ausgangspunkt für den zweiten Teil unserer Fahrt auf Vestra Silen und Östra Silen. Das gute Wetter begleitete uns und wir erreichten unseren Zeltplatz am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein. Einige von uns nutzten das Sommerwetter zu einem erfrischenden Bad im See. Andere aßen ein Eis oder suchten die Telefonzelle. Später erkundeten wir noch den Kletterpark, ein Gelände mit zwischen den Bäumen gespannten Seilen und Baumstämmen zum Klettern und Balancieren und einem Stamm, der mit zwei Seilen als Geländer im mehreren Metern Höhe über einen Bachlauf führte.

Petra und Lars versuchten beim Abwaschen das Sanitärgebäude einzureißen. Doch die Flasche mit gegorenem Orangensaft hatte nur ausreichend Sprengkraft, um mit lautem Knall den Deckel abheben zu lassen und den Inhalt der Flasche in der Abwaschküche zu verteilen.

Abends verzichteten wir mangels Feuerstelle auf ein Lagerfeuer und kochten Tee, der die Abendkühle von innen her bekämpfte. Ein Schuss Rum half ihm dabei...

Am kommenden Tag wurde ausgiebig gefrühstückt. Familie Ölscher wollte eine Draisinenfahrt unternehmen, auf einer stillgelegten Bahnstrecke zwischen Årjäng und Bengtsfors (52 km).
Leider waren am Bahnhof keine Draisinen zu bekommen und so fuhren wir zurück zum Campingplatz. Dort spielten alle eine Runde Minigolf. Während der Minigolfpartie versuchte ich per Telefon eine Fahrraddraisine für den Abend zu reservieren und hatte Erfolg. Um 17.00 Uhr waren wir wieder am Bahnhof, zahlten den Mietpreis für ein Tandem und erhielten eine kurze Einweisung in die Verkehrsregeln. Außerdem bekamen wir noch ein Sicherheitsschloss, mit dem wir nach der Rückkehr unser Fahrzeug an einer Kette anschließen sollten. Kurz darauf hatten wir unser Gepäck auf der Draisine verstaut und schon ging es los: Mama und Papa traten in die Pedale und Gerian und Lasse machten es sich als Passagiere auf einem Sitzbrett bequem. Die Fahrt verlief flott durch die schwedische Wildnis, eine lange Steigung wurde mühsam bewältigt. Wir erreichten die Kirche von Blomskog, 14 km von Årjäng entfernt. Dort wendeten wir unser Fahrzeug, machten ein kurzes Picknick und fuhren dann wieder zurück. Beim Zelt angekommen kochten wir noch einen Tee, bevor wir müde in die Schlafsäcke krochen.

Auch der nächste Morgen begrüßte uns mit Sonne. Nun mussten die Boote wieder gepackt werden. Wir trugen die Boote hinunter zur Badestelle und schafften nach und nach das Gepäck hinunter. Maike packte unser Boot und als sie fast fertig war, merkte sie, dass sie Bug und Heck verwechselt hatte und musste noch einmal umpacken...

Dann brachten wir den VW-Bus nach Sillebotten, dem Endpunkt unserer Kanufahrt und kauften eine Angelkarte für eine Woche. Die Kinder mussten noch einmal über die Baumstämme und Seile klettern. Als wir schließlich auf dem Västra Silen in Richtung Süden lospaddelten, hatte der Wind merklich zugenommen. Natürlich kam er von vorn. Nach einer kurzen Mittagsrast überquerten wir den Seen, um den Biwakplatz auf der Insel Fagerön zu erreichen. Der Platz war leider schon besetzt. Und so fuhren wir weiter nach Süden zur Strorön, auf der mehrere Biwakplätze vorhanden sind. Obwohl schon einige Gruppen auf der Insel angelandet waren, gelang es uns, eine Biwakhütte mit Feuerstelle zu finden. Schnell bauten wir die Zelte auf, andere Gruppen waren ebenfalls noch auf der Suche nach einem geeigneten Platz für die Nacht.

Im Gebiet der dals- und värmländischen Seen müssen Gruppen die offiziellen Biwakplätze aufsuchen. Dies sind einfache Zeltgelegenheiten. Auf den Plätzen gibt es häufig eine niedrige Biwakhütte aus übereinandergefügten massiven Holzstämmen, einer Feuerstelle und ein einfaches Plumpsklo. Außerdem liegt neuerdings trockenes Feuerholz bereit, das nur noch kleingesägt werden muss. Diese Lagerplätze sind alle auf einer speziellen Karte mit dem bezeichnenden Namen "Kanotland - Kanuland - Canoeland" eingezeichnet. In ihr findet man auch Einkaufsmöglichkeiten und die Stellplätze der Müllcontainer. Ein Ranger-Team kontrolliert die Biwakplätze und repariert die Einrichtungen. Für die Finanzierung dieses Services muss ein Preis von 20,00 SEK je Person (außer Kinder bis 12 Jahre) und Nacht gezahlt werden. Diese Gebühr kann bei den Kanustationen, bei der Touristinformation in Årjäng (Telefon 0046-573-14136) oder bei den Rangern gezahlt werden.

Wir richteten uns auf unserem Übernachtungsplatz ein, entzündeten das Lagerfeuer und kochten das Abendessen. Wasser hatten wir nun reichlich zur Verfügung: die Seen haben nördlich von Bengtsfors Trinkwasserqualität! Nach dem Essen bot Maike Sebastian und Daniel an, den Abwasch zu übernehmen, wenn sie mit unseren Kindern zum Angel gehen würden. Mit Freude übernahmen die beiden diese Aufgabe.

Abendstille

Nach dem Abwasch besuchten wir die Angler auf der anderen Seite der Insel. Ein herrlicher Abendhimmel erwartete uns. Der See lag in der abendlichen Windstille ruhig vor uns. Auf dem Weg zurück zum Zeltplatz entdeckten wir einen Frosch im Gras. Maike las den Kindern ihre Gutenachtgeschichte von König Kalle Wirsch und seiner treuen Gefährtin Tutula - einer Fledermaus - am Lagerfeuer vor und dann sollten am Seeufer die Zähne geputzt werden. Dazu kletterten wir über ein paar größere Steine, als Gerian rief: "Eine Kröte!" Lasse rief ebenfalls: "Hier auch!" Und wir betrachteten die beiden Tiere so gut es in der Dämmerung ging. Wir entdeckten noch eine ganze Reihe weitere große Frösche und Kröten, die wir offensichtlich überrascht hatten. Sie suchten nun wieder Spalten zwischen den Steinen, um Schutz zu finden.

Am Seeufer entdeckten wir noch ein paar Fledermäuse, die in atemberaubender Geschwindigkeit über der spiegelglatten Wasseroberfläche Mücken jagten: "Tutula!" Die Kinder wollten die anderen vom Zeltplatz holen, um die Tiere zu zeigen. Da entdeckten wir an Jörgs, Petras und Vivians Zelt einen großen Frosch, der zuerst am Außenzelt hochsprang und dann an ihm hochkletterte. Als er schließlich herunterrutschte, hatte Petra Mühe ihn daran zu hindern, unter das Außenzelt zu kriechen. Man stelle sich folgenden Dialog vor:

Rrrrritsch (Reißverschluss des Zeltes wird geöffnet). Petra betritt das Zelt und tritt auf den Frosch.
Frosch: "Jööörg!"
Jörg: "Ja?"

Am Morgen war der Wind noch nicht so stark wie am Vortag. Während des Frühstücks und des anschließenden Packens der Boote frischte er aber auf. Und so mussten wir wieder gegenan paddeln. Die Gebäude an der Schleuse von Krokfors waren schon in Sichtweite. Mit unserem im Vergleich mit den Kajaks etwas windanfälligeren Kanadier suchten wir Windschatten am westlichen Seeufer. Auf Höhe der Kirche von Varvik überquerten wir den See, um die Schleuse Krokfors zu erreichen. Wir konnten gleich nach der Ankunft in die geöffnete Schleuse einfahren. Obwohl einige Gruppen vor der Schleuse warteten gesellte sich nur ein weiterer Mietkanadier mit einem deutschen Paar zu uns in die Schleusenkammer. Die Schleuse wurde einfach in den Fels gesprengt, der schroffe Fels bildet die Wände. Baumstämme halten die Boote von der Wand ab. Wir wurden in zwei hintereinanderliegenden Kammern auf die Höhe des Östra Silens hochgeschleust. Nach der Ausfahrt legten wir hinter dem Schleusenkanal am Ufer zu unserer Mittagspause an. Wir gingen anschließend zur Schleuse zurück und kauften eine geräucherte Forelle. Auch ein Eis durfte nicht fehlen. Dann stiegen wir wieder in die Boote, bevor eine größere Gruppe die Schleuse verließ, die eventuell uns den angepeilten Biwakplatz hätte streitig machen können.

Nach kurzer Zeit erreichten wir den Biwakplatz auf der Insel Hängestenön. Die Biwakhütte war besetzt aber ein kleines Stück weiter war um eine weitere Feuerstelle herum ausreichend Platz und dort bauten wir die Zelte auf.

Das auf dem Biwakplatz gelagerte Feuerholz war leider ein wenig zu frisch, das Feuer wollte nur mühsam anfangen zu brennen. Zusammen mit Lars und den Kindern versuchten wir an einer vielversprechenden Stelle den einen oder anderen großen Fisch aus dem Wasser zu ziehen - vergebens.
Zum Abendessen gab es dann den in Krokfors gekauften Räucherfisch. Einfach köstlich!

In der Nacht regnete es ausgiebig und am Morgen hatten fast alle Zelte Wassereinbrüche zu vermelden. Wir hatten die Zeltunterlage unter dem Außenzelt ein wenig herausschauen lassen. Das vom Zelt ablaufende Wasser hatte sich so in unserem Vorzelt sammeln können. Nasse Kleidungsstücke und ein durchweichtes Buch waren die Folge. Bei Daniel und Sebastian hatte sich Wasser zwischen zwei Lagen der Zeltunterlage gesammelt - ein Wasserbett! Und auch Lars sollte den Tag damit verbringen, seinen Zeltboden mit allerlei Tupperdosen anzuheben, damit das daruntergelaufene Wasser abtrocknen konnte. Zum Glück hatten wir ohnehin einen Ruhetag eingeplant und so versuchten wir den Tag zum Trocknen der nassen Gegenstände zu nutzen - so gut es eben ging.

Am Vormittag kamen die Ranger auf die Insel und wir entrichteten unsere Gebühr. Wir führten ein längeres, nettes Gespräch über unsere Zelte, das Sch...wetter und vieles mehr. Da an der Schleuse eine Fahne ein allgemeines Feuerverbot ankündigte, fragten wir die beiden, ob wir wohl ein Feuer machen dürften. Seine Antwort: "Feuerverbot? Das muss wohl in Dalsland so sein. Wir sind hier in Värmland! Machen Sie ruhig ein Feuer!" Nachdem wir uns verabschiedet hatten versuchten wir mit dem nun völlig durchnässten Holz wieder ein Lagerfeuer zu entzünden, was uns nur mit viel Mühe und Geduld schließlich gelang. Wir verbrachten den Rest des Tages mit Streifzügen über die Inseln, Pilzesuchen und Angeln, beides ohne Erfolg. Vor dem Abendessen durften wir bei einbrechender Dunkelheit wieder dem wunderschönen Spiel der Flammen von Jörg Benzinkocher beiwohnen, das der Meister wie stets mit den Worten "Aber dann hat er voll Power!" beendete. Und dann saßen wir noch eine Weile am rauchigen Lagerfeuer, bevor wir müde in die Schlafsäcke krochen.

Der kommende Tag begann ohne Regen. Eine frische Brise hatte in der Nacht sogar die Zelte annähernd getrocknet. Wir frühstückten und packten anschließend wieder die Boote. Die vorletzte Paddeletappe sollte uns heute zu einem Biwakplatz bis kurz vor Sillebotten - in Sichtweite des VW-Busses führen. Der Wind hatte nachgelassen, es regnete nicht, aber der Himmel war wolkenverhangen. Das Wetter hatte sich noch nicht entschieden...

Den Tag über besserte es sich aber zusehends und die Mittagspause verbrachten wir kurz hinter der Südspitze der Insel Öna nach der Durchfahrt zwischen der Insel und der Halbinsel Skogsnäset. Ich versuchte während der Rast mein Angelglück wieder vergebens. Am Waldrand lagen große Mengen Elchkot - "Losung" wie der Jäger sagen würde. Die Gegend schien reichlich mit Elchen bevölkert zu sein.

Den Biwakplatz erreichten wir ebenfalls bei Sonnenschein. Ein idyllischer Platz auf einer Halbinsel gelegen, von der Biwakhütte mit Feuerstelle aus ein herrlicher Blick zurück über den Östra Silen. Wir ließen es uns noch einmal richtig gut gehen. Das bereitliegende Feuerholz war trocken, das Feuer brannte ohne Mühe. Wir versuchten noch einmal ein paar Fische zu fangen. Ein viel zu kleiner Barsch wurde aber wieder freigelassen. Ansonsten hatten wir wieder kein Glück. Am Lagerfeuer rösteten wir noch Stockbrot, kochten einen Tee und ließen so unseren letzten Abend in der Wildnis ausklingen.

Am Morgen stauten wir weniger gründlich als sonst, schließlich sollte nur knapp 1 km gepaddelt werden, bevor wir das Gepäck in den Autos verstauen wollten. Wir erreichten den Strand von Sillebotten und Lars und ich fuhren mit dem VW-Bus nach Åjäng, um unseren Opel zu nachzuholen.

ein Blick auf den See

Als wir mit beiden Autos wieder an der Aussatzstelle eingetroffen waren, beluden wir die Fahrzeuge und kurz darauf waren wir auf dem Weg nach Göteborg. Eigentlich hätten wir noch eine Nacht auf einem Campingplatz in Göteborg verbringen müssen, um dann die Fähre am nächsten Morgen zu nehmen. Wir entschlossen uns aber zum Terminal zu fahren und zu fragen, ob wir eine frühere Fähre nehmen könnten. Es klappte und schon 1,5 Stunden später fuhren wir auf die Fähre "Stena Danica". Wir waren wirklich froh, denn in Göteborg hatte es wie aus Eimern geregnet. Wir hatten keine Lust mehr, bei diesem Unwetter unsere Zelte aufzustellen. So kamen wir schon in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Itzehoe an, statt wie geplant am Sonntagabend.

Eine gelungene Sommerfahrt!


Logo Itzehoer Wasser-Wanderer e.V.
Itzehoer Wasser-Wanderer e.V.
www.itzehoer-wasser-wanderer.de


Valid HTML 4.01!